Beim Bau eines neuen Krankenhauses muss bedacht werden, wie die Krankenversorgung in 20 bis 30 Jahren aussehen könnte. Lange bevor der erste Grundriss gezeichnet wird, beginnen die Planungen. Madlin Hexel begleitet solche Prozesse und bringt Ärzte, Pflegepersonal, Techniker sowie andere Experten zusammen. Gesucht sind Ideen zur bestmöglichen Versorgung von Patienten - heute und im Krankenhaus der Zukunft.
Putzroboter säubern leise die Flure - nur ein leichtes Brummen ist zu hören -, während selbstfahrende Container Essen und Arzneimittel zu den Stationen transportieren. Eine Pflegerin verteilt die Medikamente und bringt das Essen ans Bett, das die Patienten vorher per App ausgewählt haben. Während sie sich mit einem Patienten unterhält, scannt sie sein Armband sowie einen Code auf der Medikamententüte. So kann sie sichergehen, dass die Arzneimittel an den richtigen Patienten ausgegeben und ordnungsgemäß verabreicht werden. Am Nachmittag bespricht ein Arzt die weitere Behandlung. Per Tablet schreibt er in die elektronische Patientenakte. Wenn er die Medikation ändert, prüft eine Software Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und die Dosierung. Später schauen Patienten dank superschnellem W-Lan Filme und Serien auf einem Tablet oder auf ihren eigenen Geräten.
Noch bevor der Patient das Krankenhaus betritt, kann sich der Arzt zukünftig mit der elektronischen Patientenakte auf die Behandlung vorbereiten. Der Patient muss weniger Formulare an der Anmeldung ausfüllen und wird schneller behandelt. Im Krankenhaus der Zukunft gibt es kaum noch Papier, deswegen ist auch weniger Platz für Archive nötig. Es bleibt insgesamt mehr Raum und Zeit für die Patienten.
Patienten sollten Wartebereiche nicht als klein, dunkel oder eng empfinden. Dank einer optimierten Terminplanung erhalten Patienten, bei Änderungen frühzeitig eine Benachrichtigung auf ihr Smartphone. Ziele sind geringe Wartezeiten, sowie kurze, nachvollziehbare Wege für den Patienten.
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz spielt im Krankenhaus der Zukunft natürlich eine Rolle. In der Radiologie können beispielsweise selbstlernende Systeme bei der Befundung unterstützen und so die Diagnostik noch besser machen.
So könnte in einigen Jahren der Alltag auf einer Station aussehen - oder doch ganz anders. Wenn die BBT-Gruppe eine neue Klinik plant, müssen die Verantwortlichen die Zukunft auf jeden Fall mitdenken. Denn ein Krankenhaus wird für mehrere Jahrzehnte gebaut. Ärzte, Pflegepersonal, Qualitätsmanager, Techniker, Architekten und Berater überlegen gemeinsam, wie die medizinische Versorgung verbessert und den Patienten der Aufenthalt so angenehm wie möglich gemacht werden kann.
Die Planung für Krankenhäuser ist aufwendig und dauert mehrere Jahre, bei Madlin Hexel laufen derzeit die Fäden für zwei aktuelle Bauprojekte zusammen. Sie arbeitet für die BBT-Consulting, einem Team von sieben Beratern, die Einrichtungen der BBT-Gruppe bei Entwicklungs- und Veränderungsprozessen begleiten. Ein Fokus ihrer Arbeit ist die Planung von Neubauten. Grundsätzlich läuft das in drei Schritten ab, erläutert die 31-Jährige.
Zuerst wird eine sogenannte Medizinstrategie entwickelt. "In dieser legen wir die Ausrichtung des Krankenhauses fest: Arbeiten die Fachabteilungen zum Beispiel in Organzentren zusammen, oder sind sie unabhängig voneinander organisiert?", schildert Hexel. Danach wird entschieden, welche Fachabteilungen gebraucht werden und wie diese zusammenarbeiten sollen. Das hat beispielsweise Auswirkungen auf die Frage, wie viele Betten nötig sind.
Im zweiten Schritt planen Teams die Organisation von Abteilungen. Unter anderem geht es um die Frage, ob es eine zentrale Aufnahme geben wird, erklärt die Volkswirtin. "In dieser Stufe müssen wir auch den Einsatz von Robotern oder die Digitalisierung mitdenken." So würden Reinigungsroboter beispielsweise breitere Flure benötigen. Den letzten Schritt stellt die konkrete Bauplanung dar, in dem etwa über den Einsatz von Baustoffen entschieden wird. "Nachhaltiges Bauen ist hierbei ein großes Thema", erläutert Madlin Hexel.
Viele Geräte der Medizintechnik wie beispielsweise Infusionspumpen oder Ultraschall können Fachleute zukünftig via App tracken und überprüfen. So können sie Wartungsintervalle planen.
Im Krankenhaus der Zukunft wird der Schwesternruf über das Smartphone laufen. Der Patient kann direkt über eine App angeben, welches Bedürfnis er genau hat. So spart sich die Pflegekraft den Weg zum Patienten, um herauszufinden, was er benötigt.
Bei der Planung muss die Anzahl der Einbett- und Mehrbettzimmer ermittelt werden, so liegen schwer erkrankte Patienten oft im Einzelzimmer, damit sie besser zur Ruhe kommen. Auch die Unterstützung des physischen und psychischen Wohlbefindens durch die Architektur spielt eine Rolle.
Das Bett von morgen erkennt durch intelligente Sensorik zukünftig, wann die Wäsche gewechselt werden muss. Reinigungskräfte können jedes Bett jederzeit durch eine Live-Status-Abfrage via App prüfen und wissen so, wann es Zeit für einen Wechsel ist.
Bevor überhaupt ein Strich in einem Bauplan gezeichnet wird, müssen also wichtige Entscheidungen getroffen werden. "Der Bau ist letztlich das Abbild von vielen ganz grundsätzlichen Überlegungen", erklärt Hexel. Sie organisiert Workshops, bei denen sich viele Menschen solchen Überlegungen widmen.
"Wir bringen Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten, Qualitätsmanager und Techniker zusammen. Ganz offen diskutieren sie, was ein Krankenhaus leisten soll." Aus ihrer Erfahrung berichten sie, wie die medizinische Versorgung verbessert werden kann. Eine Frage laute aber auch, welche Wünsche sie hätten, wenn sie Patient wären. "Das verlangt einen wichtigen Perspektivwechsel, der häufig sehr ehrliche und auch bewegende Gesprächsrunden hervorbringt."
All diese Ideen sammelt Madlin Hexel und bereitet sie auf. Zusätzlich hospitiert sie in den Krankenhäusern der BBT-Gruppe. "Auf der Station im Gespräch mit Ärzten und Pflegern erfahre ich am besten, welche Themen wichtig sind", erklärt sie. Und gerade im Gespräch kommen viele Ideen auf, was in Neubauten verbessert werden könnte. "Ich unterstütze Menschen, auf gute Ideen zu kommen", erzählt Madlin Hexel, "und wenn diese Ideen dabei helfen, dass Menschen besser behandelt werden können, bin ich umso glücklicher."
2019 steht im Zeichen des 200. Geburtstags des Ordensgründers, des seligen Bruders Peter Friedhofen. Das Jubiläumsjahr lädt zur Reflektion ein: Was bedeutet es heute, sich "Entschieden für Menschen" einzusetzen? "Leben!" stellt in einer Reihe Mitarbeitende vor, die täglich nach dieser Leitidee arbeiten und leben.
Mehr Informationen zum Peter-Friedhofen-Jahr finden Sie unter www.jubilaeumsjahr.bbtgruppe.de
In einem integrierten OP sind alle zur Verfügung stehenden Bild- und Patientendaten miteinander vernetzt und damit auch sämtliche Medizintechnik mit der entsprechenden Software. Experten aus anderen Standorten können sich live per Konferenzschaltung in eine Operation zuschalten und daran teilnehmen, ohne den OP selber zu betreten.
Falls kein Tageslicht im OP vorhanden ist, kann mit durchdachten Beleuchtungssystemen nachgeholfen werden. Dies verbessert die Atmosphäre für das Personal deutlich und kann helfen, die Müdigkeit zu verringern, die durch das fehlende Tageslicht entstehen kann.
Beim Neubau eines Krankenhauses und dem OP wird das Prinzip der kurzen Wege verfolgt, um größtmögliche Flexibilität zu erreichen. Zum Beispiel kann der OP-Bereich sternförmig angelegt werden mit einem zentralen Punkt in der Mitte zum Beispiel für die Anästhesie. So kann die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachdisziplinen gewährleistet und verbessert werden.
Um die Gelegenheiten für den Austausch zu schaffen, fährt sie drei-, viermal in der Woche zu den Einrichtungen vor Ort. Die Nähe zu Mitarbeitenden und Patienten erfordert flexible Arbeitszeiten und wechselnde Arbeitsplätze. "Natürlich ist das auch anstrengend, dafür lerne ich viele interessante Menschen kennen", erzählt Hexel. Sich immer wieder auf Neues einstellen - damit hat die gebürtige Koblenzerin schon viel Erfahrung. Ihre frühere Arbeit in der Tourismusbranche brachte sie nach Kanada, Dänemark, Mexiko und in die Schweiz.
Ihre Offenheit ist äußerst hilfreich, denn zu wichtigen Fragestellungen recherchiert Madlin Hexel Best-Practice- Beispiele. "Wir sondieren den Markt und suchen nach Lösungsansätzen", erklärt sie und bringt ein Beispiel: "Studien belegen, dass Patienten, die in einer angenehmen Umgebung behandelt werden, weniger Medikamente benötigen, weil ihr Aufenthalt stressfreier ist. Plant man ein Krankenhaus nach dem 'Healing Architecture Prinzip‘, braucht es ein behagliches Raumkonzept mit attraktiven Blickbezügen, viel Licht sowie eine überlegte Farb- und Materialgestaltung." So können sich Hexel und die Verantwortlichen im Krankenhaus ein Bild davon machen, was in den Häusern zum Standard werden könnte. "Wir wollen antizipieren, wohin die Reise geht", erklärt sie. All das muss für eine Planung heute mitbedacht werden.
"Wir leben gerade in einer Zeit, die uns sehr viele Möglichkeiten bietet, darüber nachzudenken, wie wir mit prozessualen, technologischen, digitalen und infrastrukturellen Veränderungen Krankenhäuser ganz neu gestalten können", so Hexel. Vor 15 Jahren hätte noch keiner darüber nachgedacht, ob ein Patient vielleicht mit seinem Smartphone das Licht im Patientenzimmer steuert oder über sein Tablet Netflix streamt. "Gemeinsam mit anderen zu erarbeiten, wie wir diese Möglichkeiten nutzen können und an welchen Stellen sie sinnvoll sind oder aber auch gerade nicht, finde ich sehr spannend."
Für sie ist die Digitalisierung das Zukunftsthema in Krankenhäusern, wenn auch bisher eher Zukunftsmusik. Zu oft scheitert es an bürokratischen Hürden bei der Dokumentation. "Trotzdem wird sie viele Prozesse stark verändern", ist sich die Volkswirtin sicher. Große Veränderungen werde der Einsatz von digitalen Patientenakten mit sich bringen.
Dann könne der Hausarzt beispielsweise über eine sichere Verbindung relevante Daten an das Krankenhaus senden, die Patientensicherheit profitiere von der Vernetzung der Stationen und auch der Entlassungsbrief werde digital. Für den Krankenhausneubau bedeutet das, dass weniger Platz zur Archivierung gebraucht würde. Auch in diesem Bereich sucht Hexel nach Best-Practice-Beispielen. "Wir schaffen eine Ideenkiste für das Krankenhaus der Zukunft, von der alle Einrichtungen profitieren sollen."
Die gesammelten Ideen nützen nicht nur Neubauten, sondern auch bestehenden Häusern. "Im Planungsprozess kommen wir auf Lösungen, die sich jetzt schon umsetzen lassen", sagt die junge Frau. "Die gemeinsame Gestaltung der zukünftigen und heutigen Patientenversorgung ist genau das, was ich mir von meinem Beruf gewünscht habe. Ich wollte mit meiner Arbeit einen gesellschaftlichen Beitrag leisten, und da bin ich angekommen."
Text: Joris Hielscher | Fotos: André Loessel